Ausgabe 80

6.50 

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Beschreibung

Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit läuft im Hintergrund eine Entwicklung ab, die auf das Arzt-Patienten-Verhältnis massiv Einfluss nimmt: Finanzgesellschaften und Investoren kaufen sich in bestehende Facharztpraxen ein oder kaufen diese ganz auf, installieren angestellte Ärzte und bauen damit eigene Netzwerke samt Kliniken auf, mit einem Ziel: Gewinnmaximierung.

Diese Entwicklung hat es in sich, weshalb nicht nur Ärzte außerhalb dieser Netzwerke Alarm schlagen. Auch die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns KVB und die Politik beobachten diese Entwicklung mit Argwohn und wollen dagegen vorgehen. Denn durch die Bündelung von Praxen und Kliniken unter einem Dach drohen den Patienten Behandlungswege, die sich nicht mehr an den bestmöglichen Heilungschancen orientieren, sondern eher an einer möglichst hohen gewinnorientierten Therapieform. In Schwaben kann man eine Konzentration vor allem von Praxen der Augenheilkunde, der Radiologie, bei Nephrologen und Onkologen beobachten, wie Branchenkenner berichten.

Erschreckend dabei ist, dass Informationen dazu nur hinter vorgehaltener Hand und im Vertrauen darauf gegeben werden, anonym zu bleiben. Warum? In unseren Recherchen für den Beitrag auf Seite 32 wurde aus der unabhängigen Ärzteschaft zwar offen darüber berichtet, dass bei Einholung einer Zweitmeinung durch Patienten häufig festgestellt würde, dass in Netzwerkpraxen nicht immer die ethischen Grundlagen des Arztberufes im Vordergrund stünden, sondern offenbar monetäre Interessen. Dazu den eigenen Namen lesen wollte jedoch keiner der Ärzte, aus Angst vor Repressalien durch investorenbetriebene Praxen. Einschüchternde Abmahnungen seien gängige Methode, kritische Kollegen ruhig zu stellen. Allein daran ist schon zu erkennen, welche Marktmacht Netzwerkpraxen besitzen – und offenbar auch massiv ausüben.

Vor dieser Entwicklung müssen sich nicht nur unabhängige Ärzte sorgen. Auch die Auswirkungen auf Patienten sind zu erahnen: Man stelle sich vor, eine Patientin zweifelt am Befund ihrer Ärztin. Sie macht einen Termin beim Berufskollegen, um eine Zweitmeinung einzuholen. Was sie nicht wissen kann: Dieser andere Facharzt arbeitet ebenfalls unter dem Dach der gleichen Finanzgesellschaft. Wie die neuerliche Diagnose ausfallen wird, liegt wohl auf der Hand …

Darüber und über etliche weitere Gesundheitsthemen die Region betreffend, sprachen wir mit dem aus Schwaben stammenden Bayerischen Gesundheitsminister Klaus Holetschek. Das Interview lesen Sie auf Seite 22, auf der unser diesmaliges Schwerpunktthema „Gesundheit“ beginnt. Unser Verlags- und Redaktionsteam dankt für Ihre Lesetreue und wünscht Ihnen eine besinnliche Weihnachtszeit und ein gutes neues Jahr 2023.

top schwaben bietet in seiner neuen Ausgabe wieder top Themen aus einer top Region – das Inhaltsverzeichnis gibt es hier.