AUGSBURGER WELTERBE ALS EXPORTSCHLAGER

Vor knapp vier Jahren wurde Augsburgs Wassermanagement-System der Welterbe-Titel verliehen – eine Riesenchance für die Stadt?

Am Rathausplatz befindet sich auch das Welterbe Info-Zentrum. / Simon Strobl /

Als Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber beim Neujahrsempfang ihrer Partei im Januar ans Mikrofon trat, stellte sie für Augsburgs Zukunft plakative Forderungen in den Raum. „Echte inhaltliche Veränderungen“ wurden dabei ebenso thematisiert wie eine abschnürende Überregulierung und überbordende Bürokratie, aus denen man raus wolle, um nach Corona-Pandemie und Energiekrise das Leben für alle ein bisschen leichter zu machen. Die Stadtverwaltung wolle absehbar „ermöglichen, statt verhindern“. Kurzerhand adaptierte Weber für „ihre“ Stadt einen Slogan, den ihr Parteichef 2019 in die Welt entließ: „Bayern ist ein Land der Chancen“, twitterte Markus Söder seinerzeit – eine Idee, welche die Oberbürgermeisterin nun aufgriff und Augsburg dabei hoffnungsvoll als „Stadt der Chancen“ bezeichnete.

Eine „Stadt der Chancen“ ist Augsburg tatsächlich. Vor allem, wenn man an den 2019 errungenen Welterbetitel der UNESCO denkt, mit dem sich national und international auch touristisch punkten lässt. Vier Jahre werden im Juli vergangen sein, als die Delegation vom Lech in Baku, der Hauptstadt von Aserbaidschan, über die Verleihung des Welterbetitel für das einzigartige Augsburger Wassermanagement-System zurecht jubeln durfte. top schwaben sprach mit Jürgen K. Enninger (B’90/Die Grünen), Referent für Kultur, Welterbe und Sport der Stadt Augsburg, darüber, wie er die Möglichkeiten sieht, die durch den UNESCO-Welterbetitel entstanden sind und darüber, wo die Stadt inhaltliche Schwerpunkte setzt und wie man mit der Kritik umgeht, dass das Augsburger Welterbe zu wenig sichtbar sei.

Wo sehen Sie im kulturellen Bereich die besonderen Chancen Augsburgs?
Jürgen K. Enninger: Kultur wird in Augsburg als Treiberin von nachhaltigen Entwicklungen in allen Bereichen und als Innovationsmotor aktiv. Das ist ein Alleinstellungsmerkmal, das andere Städte so nicht haben. Unterstrichen wird dies durch den Welterbe-Titel, der uns mit großem Stolz zeigt, dass die Augsburgerinnen und Augsburger über Jahrhunderte nachhaltig und wertschätzend mit der Ressource Wasser umgegangen sind und so für uns das Thema Nachhaltigkeit zu einem echten Auftrag wird.
Daher ist die Nachhaltigkeitsdimension ein zentrales Momentum, wofür wir einen Preis von der Kulturpolitischen Gesellschaft e.V. Deutschland erhalten haben.

Wo wird das Thema Nachhaltigkeit beispielhaft konkret sichtbar?
Jürgen K. Enninger: Für uns bedeutet es eine Weiterentwicklung in den Bereichen Kultur und Sport. Nachhaltigkeit ist klar die Überschrift des Handels und das, was uns antreibt. Es ist auch das übergreifende Narrativ, der kulturpolitische Auftrag und unser Handlungsfeld in allen Bereichen. Aus diesem Selbstverständnis heraus und aufgrund einer langjährigen Förderung haben wir beispielsweise einen CO2-Rechner entwickelt. Er entstand aus dem Modular-Festival und kam letztes Jahr auch bei der Kanuslalom-WM in Augsburg zum Einsatz, um den Ressourcenverbrauch zu messen und zu dokumentieren, beispielgebend für künftige Veranstaltungen in der Stadt.

Wenn wir das Augsburger Wassermanagement-System betrachten: Ist der Welterbetitel nur einer von vielen der Fuggerstadt, Mozartstadt, Brechtstadt, Friedensstadt, Renaissancestadt und wie Augsburg sonst noch bezeichnet wird? Oder kommt der „Welterbestadt“ besondere Bedeutung zu?
Jürgen K. Enninger: Also erstens haben wir sehr viele Kolleginnen und Kollegen, die mit großem Herzblut die einzelnen Marken mit Inhalten füllen. Zweitens hat eine moderne Großstadt immer große, vielfältige, starke kulturelle Marken, die alle für sich stehen und für sich entwickelt werden müssen. Besonders schön ist in Augsburg, dass wir mit dem Welterbe-Titel eine starke Überschrift haben, unter der die einzelnen Marken im Sinne einer nachhaltigen Kulturentwicklung weiterentwickelt werden können.

Ist der Welterbe-Titel dabei für Sie eine übergeordnete Marke?
Jürgen K. Enninger: Für mich ist das Welterbe ein Querschnittsthema, das uns in allen Bereichen mahnt und motiviert, das Thema Nachhaltigkeit weiterzuentwickeln. So haben wir den Augsburg-Becher entwickelt, einen Mehrwegbecher, den wir bei Kulturveranstaltungen zur Verfügung stellen. Als weiteres Beispiel ist der bereits erwähnte CO2-Rechner zu nennen, der jetzt auch bei anderen Kultur- und Sportveranstaltungen zum Einsatz kommt und unter anderem bereits in Burghausen beim Jazz-Festival verwendet wird. So wird das Thema Welterbe zum Exportschlager Augsburgs, und das finde ich besonders wichtig für unsere Außenwirkung. Die Kultur erzeugt also Wechselwirkungen, die vielleicht erstmal nicht beabsichtigt waren und gibt somit auch Impulse in Richtung Stadtentwicklung.

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in der top schwaben Ausgabe Nr. 81