Pfadfinder im Kunst-Kosmos

EIN PORTRAIT

Malen ist Reisen ist Malen – so lautet der Titel einer der zahlreichen Erfolgs-Ausstellungen des nordschwäbischen Künstlers Manfred J. Nittbaur. Die Vorlage liefert ein Mann, den ganz Deutschland gerade feierte.

„Der will nach den Sternen greifen“, hatte sich einst ein hochrangiger Vorgesetzter in der muffigen Atmosphäre einer nordschwäbischen Amtsstube über den damaligen Verwaltungsangestellten Manfred J. Nittbaur entsetzt. Doch höher konnte dieses Lob für den späteren Kunstschaffenden und heute als einer der profiliertesten Künstler der Region geltenden Unbequemen kaum ausfallen. Der erdnahe Mond, dessen Erstbetretung vor 50 Jahren heuer gefeiert wurde, erschien dem stets aufstrebenden Wertinger aus dem Landkreis Dillingen an der Donau jedoch kaum weit genug. Im Gegenteil. Kassierte der einst 20-jährige Gymnasiast die Note vier, weil er sich 1969 im Deutsch-Aufsatz geweigert hatte, der seinerzeit grassierenden Weltallhysterie zu folgen und stattdessen sogar die stolze Raumfahrtnation USA wegen deren Vietnamkrieg deutlich aburteile. Dabei weist eine der auffällig dunklen Mond-Tiefebenen die Bezeichnung „Mare Humboldtianum“ auf und damit den Namen des größten deutschen Naturforschers aller Zeiten, dessen 250. Geburtstag in diesem September feierlich begangen wurde: Der Berliner Weltreisende Alexander von Humboldt, dessen grenzenlos scheinender Kosmos von dem Schwaben aus dem Donauried gern geteilt wird. So sehr, dass sich Manfred J. Nittbaur seit Jahren auf die Spuren des Barons begibt, der ob seines nachhaltigen Gedankengebäudes und der frühen Warnung vor einem drohenden Klimawandel von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sogar als „Vater der Ökologie“ gelobt wird. 

Auf seinen Fernreisen auf die andere Seite der Welt sieht sich der heimatverbunden gebliebene Nittbaur immer wieder in der Tradition des berühmten Kosmopoliten von internationalem Rang, über den es heißt, dass von Goethe niemand mehr geschätzt wurde als er, der mit dem späteren US-Prädienten Thomas Jefferson befreundet war und Charles Darwin zu seiner Forschungsreise mit der „Beagle“ animiert haben soll. Motivation genug für den erfahrenen Alt-Pfadfinder Manfred J. Nittbaur, in seinem künstlerischen Wirken die „Fährte“ des so geehrten Gelehrten aufzunehmen und ihm zu folgen, etwa auf Exkursionen zur indigenen Bevölkerung Südamerikas von Ecuador über Venezuela, nach Kolumbien, Chile und Peru. Motto: „Der Pfadfinder schützt Mensch und Natur.“ Dabei fuhr der heutige 70-Jährige jeweils reiche künstlerische Ernte ein und lässt – getreu seinem kosmopolitischen Idol – alle an seinen Erkennt- und Erlebnissen teilhaben, zum Beispiel in Form von sehenswerten Ausstellungen mit Pastellen, Aquarellen und Ölbildern an vielen schwäbischen Standorten. Der rastlose Namensgeber des ganzen Humboldt-Jahres, der zahlreiche Tagebücher, Kupferstiche, Skizzen und Landkarten sowie präparierte Pflanzen dieser Welt hinterließ, ließ auch dem Wertinger Forschungsreisenden keine Ruhe, der mit Zeichenstift und Farbe auf eindrückliche Weise die Seele und Kultur der Menschen Lateinamerikas festhielt. 

Abenteuer inklusive: Weil der vielseitig Interessierte von Humboldt nicht davor zurückschreckte, Berge zu erklimmen, auf tropischen Flüssen zu paddeln, in Minen hinabzusteigen und unwegsame Wälder zu durchqueren, scheute der Wertinger bei seinem Erkundungstrip nicht vor dem Besteigen eines dreieinhalbtausend Meter hohen Vulkans in Ecuador zurück. „Dieser Mann war schon mutig, obwohl ein Preuß’“, erkennt der Maler und Bildhauer in bayerisch-schwäbischer Respektshaltung mit einem verschmitzten Lächeln an. Landsmannschaftlich näherstehen dürfte dem humorvollen Zeitgeist vom Zusamtal der 1802 in Augsburg geborene Johann Moritz Rugendas. Schon weil der letzte Spross einer Malerdynastie der Fuggerstadt aufgrund seiner zahllosen Expeditionsmalereien mit Naturmotiven Lateinamerikas über einen besonderen Gönner und Förderer verfügte: Alexander von Humboldt.             gs