Weniger geht nicht

Das Rathaus Burtenbach wurde mit wenigen regionalen Materialien von Architekt Manfred Lux generalsaniert. Jetzt präsentiert sich das Gebäude in einer lichtdurchfluteten, warmen, weichen, Atmosphäre.

Sichtlich stolz zeigt Manfred Lux beim Gang in den Sitzungsraum auf die Treppenbrüstungen. „Ganz ohne Leim, nur ineinander gesteckt“, erklärt der Architekt, der das Burtenbacher Rathaus umfassend saniert hat – und dafür nicht nur viel Lob aus der Gemeinde, sondern auch vom Bezirksheimatpfleger erhalten hat.  

Esche, umbrafarbener Terrazzoboden, mit venezianischer Seife polierter Kalkputz, bronzefarbene Beschläge und kupferne Armaturen bestimmen das Bild im Gebäude. „Weniger Material geht nicht“, freute sich Bezirksheimatpfleger Dr. Peter Fassl bei der offiziellen Wiedereröffnung Mitte Mai über die gelungene Sanierung des 461 Jahre alten Gebäudes im Zentrum der mittelschwäbischen Gemeinde Burtenbach. Und auch Bürgermeister Roland Kempfle zeigte sich froh, mit dem Neusäßer Architekten Manfred Lux die richtige Wahl für das Objekt ergriffen zu haben. Denn Lux, seines Zeichens Professor für Baukonstruktion und Baustoffe an der Hochschule Detmold, ist in der Region eng verwurzelt. In Leipheim geboren und in Bibertal aufgewachsen, hat er eine tiefe Verbundenheit zur Baukultur in Mittelschwaben schnell entdeckt. Er lernte Stuckateur, arbeitete in der Denkmalpflege, wo ihn die vom Barock geprägte „Baukunst und Volkskunst“ des Schwäbischen Barockwinkels prägten, wie er sagt. Dass er jetzt im historischen Gebäude des Burtenbacher Rathauses, einst vom bedeutenden Landsknechtführer und späteren Großmarschalls Sebastian Schertlin von Burtenbach erbaut, seine Philosophie nachhaltigen Bauens umsetzen konnte, bezeichnet der Architekturprofessor „als Glücksfall“. „Kenntnisse über Material und Fertigkeiten bei Form und Raumbildung sensibilisieren und motivieren zur weiteren Auseinandersetzung mit Baukunst“, ist er sicher – und realisiert das Burtenbacher Rathaus mit einer ihm ganz eigenen Formel: Logisch, ehrlich und sparsam bauen – im Sinne von effiizient – waren die Prämissen, unter denen sich Manfred Lux dem Burtenbacher Rathaus genähert hat. „Baukultur verstehen heißt, auf die Vergangenheit zurückzublicken und daraus zu lernen“, sagt er – und entwickelte angesichts seiner ersten Begehungen die Idee, so einfach wie möglich zu bauen. Zu nachteilig hatte sich die Kernsanierung 1972 durch zahlreiche Umbauten und Veränderungen auf das Gebäude und sein Erscheinungsbild ausgewirkt. So ergab sich für Lux die Möglichkeit, durch die Beauftragung der Generalsanierung durch sein Neusäßer Atelier, dem Gebäude wieder seinen historischen Wert ebenso wie einen „neuen und frischen Glanz zu vermitteln“. 

Ortsansässige Handwerksbetriebe haben mit traditionellem Wissen und neuen digitalen Produktionsmethoden feinste Elemente und Bauteile sauber detailliert hergestellt. Für Boden, Wand und Decke wurden ausschließlich regionale Materialien wie Kalk von der Schwäbischen Alb oder Eschenholz für Türen, Möbel und die Treppenbrüstung verwendet. „Es ist die Harmonie zwischen den umbra-
farbenen Terrazzoböden im Einklang mit cremefarbenen gesieften Wand- und Deckenputzen und dem rein farblich dazwischenliegenden Eschenholz. Alle diese Elemente sind an der Oberfläche seidenschimmernd und generieren eine warme und weiche, lichtdurchflutete Atmosphäre“, schwärmt Architekt Lux über die äußerst reduzierte, aber ungleich feine Ausstattung des sanierten Rathauses. 

„Ein absolutes Novum“ ist, dass bei diesem Projekt Möbel, Türen und die Treppenbrüstung leim- und metallfrei hergestellt wurden, was dem Gebäudeinnern auch ein einzigartiges Flair vermittelt. Lux: „Das traditionelle Wissen um Holzeigenschaften, gepaart mit zeitgemäßen Produktionstechnologien in Sachen Programmieren und Fräsen, haben ein neues Design und eine neue architektonische Formensprache entstehen lassen. Ökologische Materialien und giftfreie Fügetechniken sind ein zeitgemäßes Thema und wurden hier bis ins Detail zelebriert.“ 

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in der top schwaben Ausgabe Nr. 68