RETTUNGSINSEL FÜR ALLERGIKER

Bad Hindelang gilt als „Rettungsinsel für Allergiker“. Jetzt wird der Allgäu-Ort zum Reallabor für die Umweltmedizin der Universität Augsburg.

Bad Hindelang wird Reallabor der Uni Augsburg: Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (Mitte) übergibt den Förderscheck. / Martin Kluger /

200.000 Euro, die die Zukunft von Bad Hindelang als „Für Allergiker qualitätsgeprüften Kurort“ prägen werden: Die „Rettungsinsel für Allergiker“ in den Allgäuer Alpen ist Heilklimatischer Kurort und soll künftig durch eine Kooperation mit der Universität Augsburg, dem Lehrstuhl für Umweltmedizin, wissenschaftlich begleitet und gestärkt werden. Den Förderbescheid für ein erstes Forschungsprojekt übergab Anfang Mai der Bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek im Bad Hindelanger Kurhaus an Prof. Dr. Claudia Traidl-Hoffmann, Professorin für Umweltmedizin an der Medizinischen Fakultät der Universität Augsburg und Bürgermeisterin Dr. Sabine Rödel. Im „Reallabor Bad Hindelang“ sollen die positiven volksgesundheitlichen und volkswirtschaftlichen Auswirkungen einer gesunden Umwelt auf den menschlichen Organismus untersucht werden.

Bei einer aufgrund des Klimawandels und von Luftschadstoffen stetigen Zunahme von Umweltkrankheiten und Allergien sollen die positiven Auswirkungen des heilenden Klimas, der besonders reinen Luft und der gesunden Umwelt in Bad Hindelang auf die körperliche und geistig-mentale Gesundheit im Allgemeinen und bei Allergikern im Besonderen in verschiedenen Forschungsprojekten untersucht werden. Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO ist Bad Hindelang „einer der Orte mit der besten Luft weltweit“, wie die ständigen Luftmessungen vor Ort durch das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) zeigen. Zudem verfügt die Oberallgäuer Gemeinde insbesondere mit der KJF Alpenklinik Santa Maria für Kinder- und Jugendmedizin und das dort angesiedelte „Allergie Kompetenzzentrum Allgäu“ zur ambulanten Beratung bei umweltbedingten Krankheiten und Allergien über eine geeignete medizinische Infrastruktur vor Ort. Dabei verfolgt der Lehrstuhl für Umweltmedizin bei den Forschungen in Bad Hindelang einen ganzheitlichen Ansatz: „Als Umweltmedizinerin möchte ich verstehen, welche Umweltfaktoren uns krankmachen und aber auch, welche uns gesund erhalten oder gesundmachen. Moderne digitale Techniken wie BigData-Analysen, die verfügbare Messdaten aus mehreren Bereichen zusammenbringen, aber auch digitale Hilfsmittel wie Apps können uns dabei helfen, Zusammenhänge besser zu verstehen und gleichzeitig den Menschen vor Ort konkrete Möglichkeiten zugänglich zu machen, um ihre persönliche Gesundheit und ihr Wohlbefinden positiv zu beeinflussen“, sagt Prof. Dr. Traidl-Hoffmann und ergänzt: „Wir wollen chronischen Erkrankungen vorbeugen und diese nachhaltig behandeln. Es geht um Körper, Geist und Seele“.

Der Bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek überreichte im Kurhaus symbolisch einen Scheck in Höhe von 200.000 Euro aus dem „Förderprogramm für hochprädikatisierte Kurorte und Heilbäder“ an Prof. Dr. Claudia Traidl-Hoffmann und Bürgermeisterin Dr. Sabine Rödel. Mit dem Forschungsprojekt „Umwelt und Allergie: Ein digitaler Umwelt-, Gesundheits- und Informationsdienst in Bad Hindelang“, das ab Mai 2022 auf drei Jahre angelegt ist, soll künftig eine für Bad Hindelang konzipierte „Allergie- und Umwelt-App“ Allergikern bei der Prävention helfen und einer effektiven Strategie im Umgang mit der Krankheit dienen. Der „digitale Gesundheitslotse“ für Bad Hindelang wird in drei Projektphasen realisiert. Einwohner und Gäste des Ortes sind ab sofort eingeladen, ein Online-Symptomtagebuch zu führen, um festzustellen, wie die Symptome im Zusammenhang mit der örtlichen Belastung an luftgetragenen Allergenen stehen. „Dieses innovative Projekt bringt in bislang einzigartiger Weise modernste Forschungserkenntnisse direkt in die Lebenswelt von Bewohnern und Besuchern vor Ort. Die Ergebnisse können eine Blaupause für weitere Städte sein“, ist Prof. Dr. Traidl-Hoffmann überzeugt. Und Dr. Stefanie Gilles, Fachbereichsleiterin für Umwelt-Immunologie am Lehrstuhl für Umweltmedizin der Universität Augsburg, die die wissenschaftliche Leitung des Projekts innehat, ergänzt: „Allergien beeinträchtigen die Lebensqualität. Doch sind Betroffene den Symptomen nicht hilflos ausgeliefert. Die Aufklärung der Patienten über ihre Allergien, über die Einnahme von Medikamenten und die Möglichkeit, Symptome zu vermeiden haben einen positiven Einfluss auf die Gesundheit und Lebensqualität“.

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek betonte: „Gesundheit und Klimawandel hängen eng miteinander zusammen. Durch den Klimawandel nimmt die Bedeutung des Pollenflugs für die menschliche Gesundheit zu. So leiden zunehmend mehr Menschen an Allergien, davon in Bayern rund zwölf Prozent der Erwachsenen an Heuschnupfen. Mit Fördergeldern unterstützt der Freistaat Bayern Projekte, die den Betroffenen die Heuschnupfensaison erleichtern sollen. Klar ist: Gesundheit muss künftig in vieler Hinsicht digital gedacht werden. Ich freue mich, dass gerade in Bad Hindelang nun Forschung und Praxis auch digital verknüpft werden. Bad Hindelang hat als Kurort schon früh den Fokus auf das Thema Allergien gelegt: Die Fördergelder kommen der Etablierung eines Kompetenzzentrums und der Entwicklung einer App für Allergiker im Kurort zu Gute. Langfristig werden von dem Projekt auch Menschen außerhalb Bad Hindelangs davon profitieren.“

Bürgermeisterin Dr. Sabine Rödel freute sich über die Förderung, die auch die über ein Jahrzehnt lang währenden Bemühungen der Marktgemeinde in Sachen Allergie würdigten: „Als seit 2011 zertifizierte ,Allergikerfreundliche Kommune‘ ist es für uns eine Selbstverständlichkeit, unsere Luft tagesaktuell auf Schadstoffe oder die Konzentration von Pollen zu untersuchen. Ein wichtiger Bestandteil der Hindelanger Gesundheitsphilosophie ist das medizinische Know-how der ,Alpenklinik Santa Maria‘ in Oberjoch, auf dessen Gelände die Messstation des Bayerischen Landesamtes für Umweltschutz sowie eine Pollenmessfalle stehen“, sagt die Bad Hindelanger Bürgermeisterin.

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in der top schwaben Ausgabe Nr. 78