EIN „GELBER VOGEL“ FÜR 900.000 EURO

Pfaffenhausen ist das Mekka von Porsche-Fans aus aller Welt. Dort stellt RUF Automobile auch den „gelben Vogel“ her, ein spezieller 911er.

Alois Ruf aus Pfaffenhausen baut schnelle Autos für Kunden in aller Welt
und macht sich viele Gedanken über die mobile Zukunft. / Louis Yio /

Eigentlich fiel die Entscheidung bei Porsche in Zuffenhausen. „Doch dort konnte man natürlich nicht wissen, dass dies der Auslöser für mich werden sollte, von nun an auch eigene Autos zu bauen,“ erinnert sich Alois Ruf. Was war passiert?

1977 beschloss Porsche den beliebten Typ 911 – mit seinem unverwechselbaren Design das Erkennungszeichen von Porsche – durch den neuen 928 zu ersetzen. Moderner und komfortabler sollte der 928er im Vergleich zum 911er sein. „Aber das war genau das Gegenteil von dem, was Porsche-Fahrer wünschten“, gibt Ruf die damalige Stimmung wieder, „sie wollten ein Auto, in dem am Steuer noch Handarbeit vorherrschte, und vor allem wollten sie den 911 in seiner markanten Form erhalten. So kamen viele Porsche-Puristen zu mir, um zu fragen, ob ich nicht einen 911er zu einem späteren Zeitpunkt noch bauen könnte.“

Die Unternehmensgeschichte von RUF, 1939 im beschaulichen Pfaffenhausen im Landkreis Unterallgäu gegründet, begann als normale Kfz-Werkstatt. Alois Ruf senior und seine Frau Paula führten den Betrieb, in den Alois Ruf junior, 1950 geboren, quasi hineinwuchs. Zwei Schlüsselerlebnisse sorgten für die Verbindung mit Porsche: 1962 war der junge Alois mit seinem Vater im Omnibus unterwegs, als sie ein Porsche überholte. Dessen Fahrer verlor dabei die Kontrolle über seinen Wagen, der sich überschlug und im Straßengraben landete. Ruf senior kaufte das beschädigte Fahrzeug noch an der Unfallstelle und verlor sein Herz an Porsche. Nach circa einem Jahr voller Porsche- Fahrvergnügen gab es „eine Begegnung in München,“ erinnert sich Alois Ruf junior gut, „auf der mondänen Leopoldstraße klopfte plötzlich jemand an die Seitenscheibe unseres Porsche 356 Karmann Hardtop und sagte, er wolle unser Auto kaufen. Er bot dafür 11.000 Mark, damals ein Vermögen.“ Mit Bargeld und Handschlag ging das Geschäft an einem Sonntag über die Bühne. „Da hatte ich schon als 13-Jähriger begriffen: Bei den Porsche-Leuten ist alles möglich, die ticken anders.“

Nach diesem einschneidenden Erlebnis hat Alois Junior seinen
Vater noch mehr begeistern können in Richtung Porsche zu denken und zu arbeiten. Die Rufs haben sich immer mehr um Porsche Service- und Reparaturarbeiten gekümmert und machten sich bereits Ende der 1960er-, Anfang der 70er-Jahre einen Namen. Als Alois Rufs Vater ganz plötzlich und überraschend im April 1974 starb, musste sich Alois junior großen Herausforderungen stellen, unter anderem der Energiekrise, die das ganze Geschäft und dessen Zukunft in Frage gestellt hat. Doch die neue Chance tat sich auf, als eingefleischte 911er-Fans Sturm gelaufen sind und der 928er den Typ 911 ablösen sollte. Sie standen bei RUF an der Tür und fragten: „Können Sie mir noch einen 911 bauen?“ Aufgrund der Stuttgarter Entscheidung sah Alois Ruf junior, der mittlerweile den Betrieb übernommen hatte, die Chance gekommen, in die „911er Marktlücke“ zu stoßen. Er wagte den Schritt, eigene Fahrzeuge auf der Basis des 911er zu produzieren. Seit 1981 ist RUF als Automobilhersteller im KBA geführt und gilt als eigene Marke. RUF baut heute mit seinem 80 Köpfe starken Team ca. 30 Fahrzeuge jährlich. Inzwischen ist auch Marcel Ruf im elterlichen Unternehmen tätig.

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in der top schwaben Ausgabe Nr. 78