IM BRUTKASTEN

Als „Inkubator von Startups“ werden Gründerzentren bezeichnet. In solchen Brutkästen wird auch schwäbischer Gründergeist geweckt.

TCW-Robotikhalle in Nördlingen

„Schaffe, schaffe Häusle baue – und ned nach de Mädle schaue“… Dieser Reim, angeblich ein Zitat des aus Baden-Württemberg stammenden früheren Bundespräsidenten Theodor Heuss, steht für den buchstäblichen Schwaben-Fleiß. Er könnte genauso gut zu deren ausgeprägtem Gründungs-Eifer passen. Deshalb sollten wir den Blick dennoch auf eine Frau werfen. Zumal Heide Becker eine Menge von diesem Thema versteht. Ist die 45-Jährige doch bei der Industrie – und Handelskammer Schwaben (IHK) die Leiterin des Beratungszentrums Recht und Betriebswirtschaft und damit für die zahlreichen Ideen-Umsetzer zuständig. Die IHK vertritt im Regierungsbezirk zwischen Ries und Bodensee rund 140.000 Mitgliedsunternehmen aus Industrie, Handel und Dienstleistungen. Dieser Fleck, angefangen von Nördlingen bis hinunter nach Lindau, bietet laut Becker „einen sehr ertragreichen Boden“ für Gründer-Standorte.

Um Zahlen sprechen zu lassen: Weil das Gründungsinteresse hier trotz Corona weiter ungebrochen ist, registrierte die Kammer im vergangenen Jahr mehr als 14.500 Neustarts von Firmen und Selbstständigen. Das entspricht einer Steigerung um fast acht Prozent gegenüber den zwölf Monaten davor. Zum Vergleich: Bayernweit gab es bei knapp 100.000 Neugründungen nur einen rund fünfprozentigen Zuwachs. Für die einzelnen IHK-Gebiete bedeutete das mitten in der Pandemie erfreuliche Entwicklungen. So lag im ersten Halbjahr 2021 die Anzahl der Gewerbeanmeldungen im Allgäu bei über 2.700, in Nordschwaben mit den Landkreisen Donau-Ries und Dillingen bei fast 900, in Westschwaben mit Neu-Ulm und Günzburg bei fast 1.200 und im Wirtschaftsraum Augsburg (Stadt, Landkreise Augsburg und Aichach-Friedberg) sogar bei mehr als 3.100. Insgesamt gesehen waren laut IHK viele Startups besser durch die Krise gekommen als so manches etablierte Unternehmen.

 

Gründer haben zukunftsfähige Geschäftsmodelle

 

Vermutlich lag das laut Branchenkennern auch an den zukunftsfähigen Geschäftsmodellen der Aufsteiger. Und die entstammen nicht selten einer Art Kuratel von Dutzenden Zentren, die verteilt über den ganzen Bezirk wie Brutkästen bei der Entstehung mitwirken, weshalb sie auch mal als „Inkubator von Startups“ bezeichnet werden. Das Konzept der „Business Incubation“ stammt wie so oft aus den Vereinigten Staaten und dient ganz der Unterstützung von Neugründern und Jungunternehmern. In Bayerisch-Schwaben mit seinen zwei Millionen Einwohnern übernehmen diese nützliche Aufgabe öffentlich wie privat geförderte Standorte mit zum Teil phantasievollen wie vielversprechenden Bezeichnungen. So etwa im Norden das Technologie Centrum Westbayern TCW (Nördlingen), in der Mitte zum Beispiel das Umwelt-Technologische Gründerzentrum UTG und der Innovationspark (Augsburg). Und schließlich im Süden etwa die Gründervilla und Allgäu Digital: Digitales Zentrum Schwaben (Kempten, siehe dazu auch Seite 38) sowie die Denkfabrik (Lindau). Diese Schwerpunkte wurden auch unter dem Aspekt gebildet, die aufkommenden Startups in der Heimat zu behalten und nicht durch Abwanderung in die Metropolen zu verlieren. Das im Jahr 2001 gegründete TCW in Nördlingen wurde laut seinem Geschäftsführer Josef Wolf in die Welt gesetzt, um „in der Region bestehende strukturelle Defizite und Standortnachteile durch Förderung, Ansiedlung und Begleitung innovativer Unternehmemsgründungen zu überwinden und damit auch neue qualifizierte Arbeitsplätze zu schaffen.“

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in der top schwaben Ausgabe Nr. 78