Heroen der Popkultur in Ottobeuren
Zeitreise. Ein junger Mann, fast noch ein Kind, sitzt 1970 in seinem Zimmer. Er hält das verwirrende Cover einer Langspielplatte in der Hand. Die Musik hört er zum ersten Mal. Sie ist so seltsam wie das Cover-Bild, dass er versucht zu entschlüsseln. Mystisch, psychedelisch, eine neue, andere Welt. „Spacerock“, nennen es die Medien. Eine Bezeichnung, die der Band „Pink Floyd“ überhaupt nicht gefiel. Diese im Sound und in ihrer Erscheinung außergewöhnliche LP heißt: „A Saucerful Of Secrets“. Die zweite Veröffentlichung von Pink Floyd, und die erste Cover-Gestaltung des Künstlerduos „Hipgnosis“. „Ein Kofferwort aus „Hip“ = „neu“, „cool“ und „Gnosis“ = „Wissen“. Die Wort-Erfindung stammte vom Pink Floyd Gründer Syd Barrett. „Hipgnosis“ waren Storm Thorgerson, der 2013 verstarb und dem 76-Jährigen Aubrey Powell. Neben den „Beatles“ waren „Pink Floyd“ die ersten Musiker in der Popmusik, die für die Visualisierung ihrer Musik eigene Künstler/Grafiker beschäftigen. Sie erkannten, dass eine künstlerische Visualisierung ihrer Musik wichtiger war als vordergründige Bandfotos mit großer Überschrift, wie es die Plattenfirmen wollten. Bis zu ihrer Auflösung, 1983, gestaltete „Hipgnosis“ über 350 Cover für die Stars der Rockmusik. Sie sind mit ihrer Arbeit selbst zu Legenden der Popmusik geworden.
Nun sind 50 ihrer Arbeiten als großformatige Sieb- und Kunstdrucke für die Ausstellung „Daring To Dream“ ausgewählt und zusammengestellt worden. Bis zum 27. November 2022, ist diese außergewöhnliche Schau im Museum für Zeitgenössische Kunst – Dieter Kunerth in Ottobeuren zu sehen.
Eine außergewöhnliche Schau im Museum Kunerth
Hier nun, wird die große Kunst der Covergestaltung in analogen Zeiten präsentiert. Was für ein Erlebnis. Inspiriert vom Dadaismus und dem Surrealismus arbeiteten Thorgerson/Powell mit allen damals verfügbaren Techniken. Doppelbelichtungen, Airbrush, Collage- und andere analoge Montage-Techniken. Alles mit der Hand gemacht, inklusive manueller Einfärbung und mechanischer Schnitt- und Klebetechniken. Für Fotoarbeiten wurde hauptsächlich eine „Hasselblad C 500“ im Mittelformat 6 x 6 Zentimeter verwendet. Sehr passend für quadratische LP-Cover. Und für die Inspiration? „Manchmal hörten wir die Musik und hatten die Texte, mit denen wir arbeiten konnten, „10 CC“ oder „Pink Floyd“. Manchmal auch nicht wie bei „Led Zeppelin“. Dieselben Hipgnosis-Ideen wurden oft verschiedenen Bands gezeigt, in der Hoffnung, jemand würde sie aufgreifen und sagen, dass sie für ihr Album geeignet sind“, sagt Aubrey Powell. Um nur einige der Stars zu nennen: „Led Zeppelin“, „Black Sabbath“, „Genesis“, „10 CC“, „AC/DC“, „Emerson, Lake & Palmer“, Peter Gabriel oder „Scorpions“ sind in Ottobeuren zu sehen. Zu jedem Bild gibt es eine Beschreibung und Erklärungen von Aubrey Powell. Ihrer ersten Arbeit „Saucerful“ ist es anzumerken, dass die eigene Kunst noch versteckt in der Zukunft wartet. Diese Collage, die auf einer fantastischen Zeichnung der Comicserie „Dr. Strange“ basiert, wirkt noch etwas zögerlich in der eigenen künstlerischen Darstellung. Es wird mehr geschichtet, als gezeigt.
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in der top schwaben Ausgabe Nr. 79