FLOß MIT SONNENTANK

Schwimmende Photovoltaik-Anlagen sollen in Dillingen dafür sorgen, dass fruchtbare Böden weiter für die Landwirtschaft genutzt werden können

So könnte eine schwimmende Solaranlage aussehen. Was in anderen Ländern bereits zum Standard in der Energiegewinnung gehört, ist hier noch nicht möglich. / photovs/iStockphoto /

Für die Energiewende werden viele Flächen gebraucht, auch landwirtschaftlich nutzbare. Ein schwäbischer Bürgermeister will dadurch entstehende Konflikte minimieren und etwa Photovoltaikanlagen zu Wasser lassen. Doch Gesetze lassen das zumindest an kleinen Seen nicht zu. Ein Beinahe-Projekt in Nordschwaben.

Im Landkreis Dillingen an der Donau ist man stolz auf seine zahlreichen Gewässer. Daher nennen heimische Tourismusexperten die Gegend rund 30 Kilometer im Nordwesten von Augsburg gerne auch mal das „Seenland“. Tatsächlich entstanden viele hunderte Weiher, die heute für ein erfrischendes Bad genutzt werden, durch jahrzehntelangen Abbau von Kies und Sand. Und dennoch sieht Frank Kunz noch immer weitere Verwendungsmöglichkeiten. „Auf den Wasserflächen unserer Kiesweiher liegt noch viel ungenutztes Potenzial, das wir heben wollen“, stellt Dillingens Oberbürgermeister fest und denkt dabei an schwimmende Photovoltaikanlagen. An Land gelten PV-Systeme schon längst als eine der tragenden Säulen der Energiewende. Zu Wasser brächten solche Anlagen weitere Vorzüge mit sich. Etwa dass damit „unserer heimischen Landwirtschaft guter Boden nicht entzogen wird“, wie der Kommunalpolitiker von der Donau ausführt.

Eine Anspielung auf die Flächenkonkurrenz zwischen Kommunen, Investoren und der Agrarbranche, die seit Jahren immer heftiger geführt wird. Aber wenn die Energiewende gelingen soll, braucht es ein Mehr an regenerativer Energie und vor allem zusätzlichen Sonnenstrom. Dieser kann nicht nur von Hausdächern kommen, sondern muss auch von großen Solarparks außerhalb der Siedlungen beigesteuert werden. Nur wie? Im Nachbarlandkreis Donau-Ries gehen Bürger auf die Barrikaden, weil dort eine 24 Hektar große Anlage geplant ist. Anwohner stören sich am Anblick, Bauern daran, dass die nutzbaren Gelände immer noch knapper werden. Einen möglichen Ausweg aus dem Streit im ganzen Land zeigt nicht nur Dillingens OB auf, sondern auch andere Kommunen im Freistaat sowie etwa das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE. Sie alle wollen den Solarmodulen das Schwimmen beibringen, was in anderen Ländern der Welt bereits zum Standard der Energieerzeugung gehört. Etwa in den Niederlanden, England, China, Frankreich, Indien und Südkorea. Im rohstoffarmen Japan schon 2007 „erfunden“, sickerte bereits ein Jahr später im sonnenreichen Kalifornien der Strom erstmals gewerblich von See an Land. Das im Ausland seit vielen Jahren genutzte „Floating PV“ bietet dort den Vorteil, weitere Flächen für die Energiewende gewinnen zu können und Landnutzungskonflikte zu minimieren.

 

Kurioserweise verhindert ausgerechnet ein Gesetz der neuen Bundesregierung die Gewinnung erneuerbarer Energien auf einem der Dillinger Baggerseen

 

Zurück in den Landkreis Dillingen an der Donau: Der Strom für viele Haushalte kommt dort schon jetzt aus Biogasanlagen oder von Photovoltaik auf Dächern und Freiflächen. Ginge es nach Frank Kunz, könnte auch die Fläche eines ausgebeuteten Baggersees im nahegelegenen Kieswerk für schwimmende PV-Technik genutzt werden. So eine Floating-PV-Anlage auf einem Areal von drei Hektar Größe könnte bis zu 1.600 weitere Haushalte mit sauberer Energie versorgen. Könnte: Eine Gesetzesänderung der Ampelkoalition vom Sommer 2022 bescherte den Plänen eine „Wende“ auf ihre Art: Die Bundesregierung änderte damals neben dem Erneuerbare-Energien-Gesetz auch das Wasserhaushaltsgesetz – mit weitreichenden Konsequenzen speziell für schwimmende Solaranlagen. Da wurde unter anderem festgelegt, dass der Ufer-Abstand einer schwimmenden PV-Anlage in Zukunft mindestens 40 Meter betragen muss und höchstens 15 Prozent der Wasseroberfläche bedeckt sein dürfen. „Dann kommt noch eine Briefmarke raus“, zürnt Oberbürgermeister Kunz mit Verweis auf die wirtschaftlichen Folgen bei der Umsetzung so eines Projekts. Zumal es im Seenland nicht ein einziges großes, sondern viele kleine Gewässer gibt. Es würde sich einfach nicht rechnen.

 

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in der top schwaben Ausgabe Nr. 82