EIN LINDAUER ERFAND DEN BAYERISCHEN SENF

Wer weiß das schon? Ein Lindauer erfand den bayerischen Weißwurst-Senf – Johann Conrad Develey ist ein Schwabe, der Geschichte schrieb.

Foto Anfang der 1900er-Jahre. Auf dem Firmenschild steht: J.C. Develey Senf, Feinkostfabrik, Gurken-Einlegerei / Archiv Develey Senf & Feinkost GmbH /

„J. C. Develey erlaubt sich hiermit allen Freunden eines vorzüglich feinen und pikanten Senfes, ihre im In- und Auslande bekannten und beliebten Estragon-, Sardellen- und fein Kräuter-Senfes, sowie auch besten Deutschen oder Österreicher-Senf sowohl offen, als in großen und kleinen Töpfen und Gläsern bestens zu empfehlen.“

So lautete ein Zeitungsinserat, das der berühmte Senfpionier Johann Conrad Develey 1859 im Branchenteil des Münchner Stadtadressbuches aufgab. Eine ganz wichtige Nachricht steckte im Übrigen in diesen Zeilen: Der Hinweis nämlich auf den „besten Deutschen oder Österreicher-Senf“, welcher nichts anderes war als der gerade erfundene süße Senf. Um sich von den bis dahin einzigen bekannten mittelscharfen bis scharfen Senfsorten nach französischem Vorbild abzuheben, gab Develey seiner revolutionären süßen Rezeptur konsequenterweise den Titel „Deutscher und Österreichischer Senf“ und bot sie erstmals 1854 zum Verkauf an – die offizielle Geburtsstunde des süßen Senfs. Von Develey anfangs noch als Deutscher Senf betitelt, machte die Spezialität rasant als Bayerischer Senf bzw. „Original Münchner Weißwurst-Senf“ Karriere. Schließlich fand die Erfindung der bayerischen Weißwurst in etwa zur selben Zeit in München statt. Und der süße Senf und die Weißwurst gingen schnell eine bis heute manifestierte kongeniale Verbindung ein.

 

Develey wurde als Bäckersohn in Lindau geboren und verbrachte seine Jugend in Augsburg, bevor er in München berühmt wurde.

 

Ob Develey schon an die Weißwurst dachte, als er die süß-scharfe Delikatesse erfand, ist aus heutiger Sicht nicht mehr festzustellen. Sicher jedoch ist eines: Dass der 1822 als Bäckersohn in Lindau geborene junge Handlungscommis Develey von Anfang an mit ausgeprägtem Fortschrittsgeist und großer Experimentierfreude ans Werk ging. Als er 1844 nach München kam, erwarb er nicht nur einen kleinen Laden in der Kaufingerstraße 24 im Herzen von München, sondern auch das königliche Privilegium zur Senfherstellung. Rastlos probierte er von da an die verschiedensten Senfmixturen aus: immer auf der Suche nach einem neuen, ganz besonderen Geschmack, der anders sein sollte als all die Variationen, die es damals – basierend auf dem scharfen Urrezept aus dem französischen Dijon – gab. Einen Freudenschrei muss er ausgestoßen haben, als ihm dann eines Tages der Coup gelang: Er mischte einer Dijon-Rezeptur Zucker bei − eine Zutat, die noch niemand vorher mit Senf in Zusammenhang gebracht hatte. Es schmeckte vorzüglich.

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in der top schwaben Ausgabe Nr. 75