Die Sozial-Genossenschaft MutMacherMenschen hilft seit zehn Jahren bei psychischen Beeinträchtigungen.

Wenn die Seele leidet, und das kann jedem passieren, braucht man Mut – Mut, um sich selbst eine psychische Belastung einzugestehen, und Mut, um sich anderen zu öffnen. Die Hürde zum „Outing“ und der Erkenntnis, dass man Hilfe benötigt, ist hoch. Unterstützung bietet seit mehr als zehn Jahren die Augsburger Sozial-Genossenschaft „MutMacherMenschen“, hier kurz „MMM“ genannt. Sie ermutigt Betroffene, sich zu melden und neue Wege zu wagen. Entsprechend lautet eine Aufforderung: Es ist Zeit für einen Mut-Ausbruch!
„MutMacherMenschen“ ist genau genommen eine gemeinnützige, soziale Produktiv-Genossenschaft, denn bei MMM wird „nachhaltig“ produziert. Die Beschäftigten in der „MutMacherManufaktur“ oder auch bei externen Firmen sind Menschen aller Altersklassen, die gerade nicht fit genug sind für den ersten Arbeitsmarkt. Edith Almer (61), die von Anfang an dabei ist und als MMM-Vorständin die Geschäfte leitet, und ihre Stellvertreterin Ruth Häußler (50) machen kein Hehl daraus, dass ihre Mitarbeitenden durchaus schwer erkrankt sind. Von heftigen Depressionen, Schizophrenie und bipolaren Störungen ist beispielsweise die Rede. Solche Menschen schaffen es zumeist nicht mehr, ihre Berufe voll zu bewältigen.
Weil es an Hilfsangeboten fehlt – „Behinderte haben keine Lobby“ (Almer) – haben sich 2014 Betroffene und Nicht-Betroffene zusammengetan. Ziel war es, Arbeitsmöglichkeiten für psychisch Erkrankte zu schaffen, die wenigstens noch stundenweise einer sinnvollen Tätigkeit nachgehen wollen und können.
Vor allem nach einer psychischen Krise stärkt das den Genesungsprozess. In aller Kürze lässt sich MMM als „Zuverdienst-Projekt von, mit und für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen“ umschreiben. Das ist, trotz etlicher Hürden, in zweifacher Hinsicht gelungen.
Zum einen arbeiten inzwischen stundenweise mehr als 50 Personen in der eigenen, kleinen Manufaktur – ein Angebot, das es von Anfang an gab. Zum anderen werden seit 2018 zudem für Betroffene Mini- und (bei etwas längerer Arbeitszeit) Midi-Jobs am allgemeinen Arbeitsmarkt vermittelt. Die MMM-Betreuung (für derzeit über 40 Menschen) reicht hier vom Erstgespräch, über die zielgerichtete Jobsuche und die Hilfe beim Arbeitsvertrag bis hin zum unbegrenzten Coaching während der Anstellung.
Selbstverantwortung und Eigeninitiative werden groß geschrieben
Auf diesem Weg verdienen sich Betroffene etwas dazu, die – das ist Voraussetzung – ansonsten nur eine Erwerbsunfähigkeitsrente oder Grundsicherung beziehen. Dennoch werden Selbstverantwortung und Eigeneinitiative großgeschrieben, zumal jeder Teilnehmer auch Genossenschaftsmitglied und somit in alle Entscheidungsprozesse eingebunden ist. Merke: Gemeinsam sind Ziele besser zu erreichen als im Alleingang. Und Erfolge bleiben nicht aus, wenn es Betroffene wieder in einen Teilzeit-Job schaffen oder eine Ausbildung starten können.
Begonnen hatte alles 2014. Mit Hilfe eines 30.000 Euro-Zuschusses aus dem bayerischen Sozialministerium wurde eine Genossenschaft gegründet. Anfang 2015 konnte diese „g eG“, das steht für „gemeinnützige eingetragene Genossenschaft“, dann loslegen. Bis zum heutigen Stand mit rund 100 Mitarbeitenden und wenigen Festangestellten in Voll- und Teilzeit (Geschäftsführung, Schreinermeister, Übungsleiter), war es ein Hindernislauf in vielen Etappen.

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in der top schwaben Ausgabe Nr. 90