Im Sommer 1933 wurden die „Lichtspiele Bad Wörishofen“ eröffnet – ein Kino, das bis in die heutigen Tage hinein fast unverändert einen festen Platz beim Publikum in der Kurstadt hat.
Der Film ist längst vergessen, aber das Kino lebt. „Der Choral von Leuthen“ wurde zur Eröffnung der „Lichtspiele Bad Wörishofen“ am 17. Juni 1933 gezeigt, ein „grandioses nationales Filmwerk“, wie die Einladung versprach. Gleichzeitig wurden vollmundig noch weitere Großfilme wie „Schützenkönig“ oder die „Blonde Christl“ angekündigt, die demnächst in diesem Theater zu sehen sein würden.
„So fing es an,“ blickt Rudolf Huber, der Betreiber des Kinos in Bad Wörishofen, zurück „und seitdem werden, bis auf ganz wenige Unterbrechungen, in diesem Kino Filme gezeigt.“ In der Anfangszeit bot der Saal Platz für 350 Zuschauer, „heute sind es ein paar Besucher weniger, weil die Bestuhlung den gewachsenen Ansprüchen nach mehr Komfort angepasst wurde.“ Das Gebäude in der Bahnhofstraße im Zentrum von Bad Wörishofen blieb hingegen in all den Jahren bis auf ein paar Schönheitsreparaturen nahezu unverändert. Lediglich ein kleiner Anbau für den Eingangsbereich mit der Kasse wurde errichtet.
Deutlich verändert hat sich die Technik: Alle 15 bis 20 Minuten musste der Vorführer seinerzeit die schwere Rolle mit dem 35-Millimeter-Film wechseln. Zwei mächtige Projektoren standen dafür bereit. Dass es immer wieder mal zu einem Filmriss kam, brachte das Publikum nicht aus der Fassung. Noch in den 1950er-Jahren passierten solche Pannen. „Aber es war die vielleicht erfolgreichste Zeit des Kinos“, sagt Huber, „die Besucher strömten in die Filmhäuser. Noch war das Fernsehen wenig verbreitet und gerade hier in Bad Wörishofen bedeutete der abendliche Kinobesuch eine willkommene Abwechslung im Kuralltag.“ Dann begann in den späten 1960er-Jahren der Siegeszug des Fernsehens und „das Kino wurde mehrmals totgesagt“, woran sich Rudolf Huber noch gut erinnern kann. Aufnahme- und Vorführgeräte wurden zwar im Lauf der Jahre permanent verbessert, dennoch mussten in dieser Zeit viele Kinos schließen. Mit „Avatar – Aufbruch nach Pandora“ kam 2009 der erste, mit digitalen 3D-Kameras gedrehte Film, auf die Leinwand. „Das war revolutionär“, erinnert sich Rudolf Huber, der im April 1997 das Filmhaus von der Familie Trautwein übernommen hat, die das Kino seit dessen Gründung 1933 betrieben hatte. 2014 erfolgte dann bundesweit die komplette Umstellung auf digitale Technik. „Das bedeutete eine große Investition für das kleine Filmhaus, aber mit viel Herz und großer Leidenschaft für das Kino bin ich diesen Weg gegangen, ansonsten gäbe es das Filmhaus vermutlich nicht mehr.“
Und mit ihm wären auch die Erinnerungen an die große Zeit des Kinos und seine Stars verschwunden: Heinz Rühmann, Hans Albers, Zarah Leander und Marika Rökk prägten neben vielen anderen die 30er- und 40er-Jahre. Nach dem Krieg sehnte sich das Publikum nach unbeschwerter Unterhaltung und dachte „Oft an Piroschka“ und freute sich mit der „Försterliesel“. Kommerziell erfolgreich waren auch die 60er-Jahre mit Krimis, Musikkomödien und dezenter Erotik. Die Coronakrise und der langwierige Streik der US-Drehbuchautoren und der damit verbundenen Produktionsausfall zu Beginn der 2020er-Jahre setzte dem Filmhaus Bad Wörishofen ebenfalls zu, „doch das Gemeinschaftserlebnis Kino wird auch in Zukunft weiter leben,“ ist Huber überzeugt.
In Erinnerung an vergangene Zeiten zeigt das Kino immer wieder mal den Stummfilm „Die Kneippkur“ aus dem Jahr 1923 in einer restaurierten Fassung. Schließlich war es der heilkundige Pfarrer Sebastian Kneipp, der die Entwicklung des Bauerndorfs Wörishofen zum bekannten Kurort ermöglichte. Die bewegten Bilder blicken zurück auf eine einfache, bäuerliche Idylle: Die staubige Hauptstraße beim Pfarrhof mit Pferdeäpfeln und Kuhdung, das elektrische Zügle vollbesetzt mit anreisenden Kurgästen. „Unser Bad Wörishofen“ aus dem Jahr 2011 steht ebenfalls oft auf dem Programm. Die heimischen Filmemacher Ursula und Matthias Stodollik porträtieren darin das Kneipp-Heilbad mit viel Charme.
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in der top schwaben Ausgabe Nr. 87